1933 – 1945: Dortmund unter dem Hakenkreuz

Infolge der Machtergreifung der Nationalsozia­listen – am 7. März 1933 wurde symbolisch die Hakenkreuzfahne am Dortmunder Rathaus auf­gezogen – begann eine Zeit, die in der Stadtge­schichte Dortmunds besondere Spuren hinterlassen hat. Nicht zuletzt das Mahnmal in der Bittermark zu Ehren der 1945 ermordeten 300 Widerstands­kämpfer und ausländischen Zwangarbeiter sowie die ständige Ausstellung „Widerstand und Ver­folgung in Dortmund von 1933 bis 1945″ im ehe­maligen Gestapogefängnis „Steinwache” belegen, dass sich Dortmund auch seiner jüngeren, unge­liebten Geschichte kritisch gestellt hat.

Die Umwandlung der Demokratie zur Diktatur, die in vielen Städten gleichförmig verlaufen ist, wurde u. a. offensichtlich in der Umbenennung von Straßen, die schon bald – wie auch viele Menschen – „nazifiziert” wurden. So wurde die Rathenau-Allee zur Adolf-Hitler-Allee, die Stresemann- zur Göringstraße, die Erzberger- zur Schlageterstraße oder der Republikplatz zum Horst-Wessel-Platz.

Sämtliche demokratischen und sozialistischen Zeitungen waren verboten. Der linksliberale „Dortmunder General-Anzeiger” wurde beschlagnahmt und sein gesamtes Betriebs­vermögen von der NSDAP eingezogen. Die ersten Stadtverordneten, insbesondere aus den Reihen der KPD und SPD, wurden sofort verfolgt, miss­handelt oder in „Schutzhaft” genommen.

Wie auf Reichsebene, so wurden auch in Dortmund sämtliche politischen Parteien, mit Ausnahme der NSDAP, verboten. Am 20. April 1933 wurde Adolf Hitler Ehrenbürger von Dortmund (die Ehrenbürger­schaft wurde ihm unmittelbar nach dem Krieg, in einer der ersten Ratssitzungen wieder aberkannt). Am 20. Juni erfolgte dann das Verbot der Sozial­demokratie, und am 1. Mai 1933 wurden die Ge­werkschaften „gleichgeschaltet”. Viele Anhänger der KPD, SPD, der Gewerkschaften, aber auch Personen aus anderen demokratischen Parteien und den Kirchen, schlossen sich illegalen Widerstandskreisen an. Dortmund blieb aufgrund seiner intensiven Widerstandsaktionen weiterhin bei der NS-Führung eine ungeliebte Stadt.

Anhänger sozialistischer und demokratischer Par­teien, „Unangepasste” und „Nichtarier” wurden aus dem Staatsdienst oder städtischen Diensten entlassen oder mit Berufsverbot belegt. Einer nie gekannten Verfolgung von „Staatsfein­den” fielen viele Widerstandskämpfer und Opposi­tionelle zum Opfer. Sie wurden wie beispielsweise Fritz Henßler, der spätere Oberbürgermeister von Dortmund, verhaftet, verurteilt, jahrelang in Gefängnissen und Konzentrationslagern ge­demütigt und misshandelt. Hunderte von ihnen wurden von den National­sozialisten und mit Hilfe der gleichgeschalteten nationalsozialistischen Willkürjustiz ermordet. Allein im Gestapogefängnis „Steinwache” waren in der Zeit von 1933 bis 1945 insgesamt über 30.000 politische Gegner des NS-Systems, darunter „rassisch Verfolgte” und ausländische Zwangsar­beiter vorübergehend inhaftiert.

Die jüdische Bevölkerung wurde seit 1933 systematisch ausge­grenzt und verfolgt. Jüdische Gewerbetreibende und Unternehmer sahen sich einer Verdrängungs­kampagne gegenübergestellt, die bald zu einer „Arisierungs”-Kampagne wurde. Bereits vor dem Pogrom vom 9./10. November wurde in Dortmund die schöne Synagoge am Hiltropwall, die sich in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Stadttheater einerseits, zur NSDAP-Kreisleitung andererseits befand, zerstört.

Die Synagoge in Hörde wurde von SA-Horden an­gezündet und wie viele jüdische Gebetshäuser, Ge­schäfte und Wohnungen geplündert und zerstört. Von den etwa 4.500 Dortmunderinnen und Dort­mundern jüdischer Herkunft dürften später etwa 2.000 in Konzentrationslagern ermordet worden sein. Am 27. Januar 1942 erfolgte die erste Deportation von über 1.000 Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg von Dortmund nach Riga. Die letzte Deportation erfolgte noch am 13. Februar 1945 nach Theresienstadt. Aber nicht nur Bürge­rinnen und Bürger jüdischer Herkunft, sondern auch Angehörige anderer „rassischer” oder sozial diskri­minierter Minderheiten wie die der Sinti und Roma wurden verfolgt und von Dortmund aus in die Ver­nichtungslager der Nationalsozialisten deportiert.

Das in den 20er Jahren so lebendige kulturelle und wirtschaftliche Leben, nicht zuletzt positiv beeinflusst durch Künstler und Unternehmer jü­discher Herkunft, verarmte in der Zeit des National­sozialismus. Dortmund konnte jedoch immerhin den zweifelhaften Ruf für sich in Anspruch nehmen, dass die Ausstellung über „Entartete Kunst” bereits 1935 – also zwei Jahre vor München – in Dortmund im damaligen „Haus der Kunst” am Königswall gezeigt wurde. Auch weitere Ausstellungen wie die HJ-Ausstellung „Schaffende Jugend” (1936), „Volk und Rasse” (1938) oder „Kunst der Front” (1940) verkündeten in erster Linie die Ideologie von Blut, Boden und Rasse. Dass diese Ideologie in einen Weltkrieg münden konnte oder musste, war für viele Anhänger und Gegner des National­sozialismus vorhersehbar.

Trotz vieler anderslau­tender Legenden blieb die wirtschaftliche Situation Deutschlands bis 1936 schwierig, wenn auch im Nazi-Jargon immer wieder von der „Ankurbelung der Wirtschaft” die Rede war. Erst mit dem Rüstungsprogramm, begleitet von einer weltwirtschaftlichen Konjunkturverbesserung, profitierten der Bergbau und die Stahl- und Eisen­industrie von den nationalsozialistischen Vierjah­resplänen, die die wirtschaftliche Monostruktur Dortmunds weiter verfestigten. Ab 1937 stieg die gesamte Produktion stark an, und die Arbeits­losenzahl sank rapide.

Bei dem kriegsvorbereitenden Bestreben, für die steigende Motorisierung von Wehrmacht und Wirt­schaft eine ausreichende Kraftstoffversorgung zu sichern und das fehlende Erdöl zu ersetzen, kamen der Ruhrgebietsindustrie und vor allem der Kohle­chemie eine wachsende Bedeutung zu. Die Folgen des von den Nationalsozialisten entfachten Zweiten Weltkrieges und seine nach innen gerichteten verbrecherischen Maßnahmen sind weitgehend bekannt. Schon bald kehrte sich die Lage für NS-Deutschland um.

Der Krieg erfasste 1943 bereits die Heimatfront. Trotz rücksichtslosester Ausbeutung ausländischer Zwangsarbeiter, insbesondere osteuropäischer Kriegsgefangener, Konzentrationslagerhäftlingen und verschleppter Arbeitskräfte – allein in Dortmund waren 1944/45 noch 45.000 ausländische Zwangs­arbeiter in den entsprechenden Berieben und Zechen beschäftigt – brachen Rüstungswirtschaft und sonstige Produktionszweige zusammen. Im Mai 1943 wurde Dortmund, von den Alliierten neben Essen als eine der „Rüstungsschmieden” im Ruhrgebiet eingeschätzt, das Ziel zweier Großan­griffe. Sechs weitere sollten bis zum 12. März 1945 folgen und den Stadtkern zu 95 Prozent in Schutt und Asche legen. Bei den Bombenangriffen kamen etwa 6.000 Zivilisten und Zwangsarbeiter ums Leben. Dortmund hatte damit sein städtebauliches Gesicht, das in der Zeit von 1890 bis 1930 entscheidend geprägt worden war, im Hagel der Bomben völlig verloren.

Als die Amerikaner am 13. April 1945 in die Dortmunder Innenstadt vorrückten, fanden sie ein Trümmerchaos vor. Strom- und Wasserversorgung sowie andere wichtige Elemente städtischer Infra­struktur waren restlos zusammengebrochen.

Für die noch etwa 300.000 Dortmunder, die die letz­ten Kriegstage in ihrer Heimatstadt erlebten, schien die Stadt bei Kriegsende 1945 – mehr als jemals zuvor – am Ende ihrer historischen Entwicklung zu stehen. Von Seiten der britischen Militärregierung und in Teilen der fragmentarisch wieder entstehen­den Stadtverwaltung spielte man sogar mit dem Gedanken, die Stadt außerhalb ihres historischen Kerns wieder neu zu errichten.

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